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Ein Mensch wird zur Lebensaufgabe

Du kümmerst dich um einen einzelnen Menschen. Was verändert sich für dich?

In der Nacht teilten sie sich in Gruppen, er und seine Knechte. Er schlug sie und verfolgte sie bis Hoba, nördlich von Damaskus. Er brachte die ganze Habe zurück, auch seinen Bruder Lot und dessen Habe brachte er zurück sowie die Frauen und das Kriegsvolk.
Gen 14,15-16

Weil die Sekretärin im Gemeindeamt einen schlechten Tag hatte und das n vergaß, heißt Danciu offiziell Daciu. Ihm selbst ist es nie aufgefallen, denn er war keinen Tag in der Schule und kann weder lesen noch schreiben. Er fand Iova, eine starke Frau, die gerade mit drei Kindern vom Mann verlassen worden war, und sie bekamen zwei weitere Kinder. Im Garten ihres Bruders hausten sie in einer Baracke. Dort waren sie dessen Gnade ausgesetzt, für ihn mussten sie betteln gehen. Aussicht auf Arbeit hatte Danciu nicht, laut Arbeitsrecht darf ein Analphabet nicht einmal einen Rasenmäher schieben. Andrei, unser Tischlermeister, suchte junge Burschen, die in der Werkstatt lernen wollten. Viele schauten vorbei, auch Danciu tauchte auf, in Plastiksandalen und abgerissener Jogginghose. Doch im Gegensatz zu den anderen kam er jeden Tag. Andrei sah, dass er aufmerksam war und schnell lernte. Nun organisierte Andrei ihm Arbeitsschuhe, eine gute Hose und die Möglichkeit, regelmäßig im Sozialzentrum duschen zu können.
Es kam der Winter, Danciu wärmte sich am Holzofen in der Tischlerei. In seiner Hütte war es nachts so kalt, dass er krank wurde. Die ganze Familie lag mit Fieber unter den feuchten Wolldecken. Wieder kam Andrei mit seinem Schützling: Er braucht eine Unterkunft! Mit großer Freude zog die Familie in ein Haus im Dorf, das wir gerade renoviert hatten. Iova sorgte für die Kinder, hielt das Haus sauber. Andrei kam ständig mit neuen Vorschlägen: Dort ist ein Stall, warum können sie nicht zwei Schweine und Hühner halten? Die Kinder müssen in die Schule eingeschrieben werden. Warum lernen sie nicht ein Instrument? Auch Iova kann arbeiten, sie sollte in die Haushaltsschule gehen. Die Familie löste sich aus den Fesseln der Armut und des Bruders. Als wir heute die Scheune saubermachten und überlegten, wer die Strohballen bekommen sollte, die wir in diesem Jahr nicht mehr brauchen, war Andrei der Erste, der für seinen Schützling warb: Danciu hat ein Pferd gekauft, er braucht Stroh für den Winter. Danciu belud seinen Pferdewagen mit den Strohballen und unterschrieb die Quittung mit kraxeligen Buchstaben: D A C I U. Sein jüngster Sohn hat ihm die fünf Buchstaben beigebracht, für alle Fälle.

Ein junger Rom wie Danciu wird mit vielen Fesseln im Elend festgehalten. Er hat keine Schule abgeschlossen, hat Schulden, muss mit allen Mitteln um den Lebensunterhalt kämpfen, Freunde ziehen ihn hinunter. Wer soll ihn befreien? Wenn er Glück hat, findet sich ein Mensch wie Andrei. Ein Abram, der sich für ihn einsetzt, ohne ihn wieder zu missbrauchen. Abram vergisst Lot, seinen Neffen, nicht. Er sucht ihn und findet eine ganze Welt voller Ungerechtigkeit und Armut, unter der vor allem die Frauen zu leiden haben. Mit immer neuen Problemen konfrontiert, lässt Abram den Mut nicht sinken und packt an. Er organisiert Hilfe. So wird er zur Hoffnung für viele.

Du kümmerst dich um einen Menschen, der von Not oder Egoismus gefangen ist. Daraus könnte eine Lebensaufgabe werden. Jedenfalls aber eine Lebenserfüllung, in der sich die Größe Abrams zeigt.