Hosman. Wenn die zwölfjährige Maria im Sozialprojekt in Casa Elijah in Hosman nahe Sibiu (Hermannstadt) das Brot fürs Frühstück schneidet, ist das eine Erfolgsgeschichte. Maria kommt aus einer kinderreichen Romafamilie aus dem nahen Ziegental/Tichendeal. Ihre Eltern sind wie die meisten hier Analphabeten. Die, die bis 1989 für die Siebenbürger Sachsen arbeiteten, sind nach deren Weggang (1989) arbeits- und einkommenslos geworden, ihre Siedlungen ähneln heute Slums. Seit 2012 schaffen hier Pater Georg Sporschill, Ruth Zenkert und Angela King Veränderung: „Wir gehen dorthin, wo die Not am größten ist und wo niemand hingeht.“
Maria schneidet das Brot, das in der projekteigenen Bäckerei von jungen Roma-frauen gebacken wird: Schwarzbrot, Pizza und Festtagskuchen stellen die Frauen unter der freundlich-fachkundigen Anleitung von „Lehrerin“ Ana her. Dieses Brot kommt dann in allen Sozialzentren von Elijah auf den Tisch und ist heiß begehrt.
Mit Freude am Lernen
Maria besucht ihre Freundinnen in Ziegental, schaut bei ihrer Familie vorbei und beeilt sich, wieder rechtzeitig zurück in der Musikschule Casa Sonja in Hosman zu sein. Sie will ihre Geigenstunden bei Ogi Rom, begnadeter Musiker und Lehrer mit viel Verständnis für die Kinder, nicht versäumen; dass sie regelmäßig übt, ist für sie selbstverständlich. Die Logistik des Projektes beeindruckt: Jetzt kommen sieben Kinder aus Ziegental mit dem Kleinbus an, stellen sich in der Casa Sonja gleich zu den anderen und folgen fasziniert Yoshihisa Kinoshita, von allen Yoshi genannt. Was singt der? Mango, Mango, Mango? Der Rhythmus steckt an, disziplinäre Hinweise werden da gern in Kauf genommen und wenn der kleine Elvis gerade mit den vielen neuen Eindrücken kämpft, nimmt er eine Auszeit auf der Bank. Hier lernen die Kinder Freude am Lernen und das ist für sie und ihre Familien neu.
Der Deutsch-Japaner Yoshihisa Kinoshita ist übrigens preisgekrönter Leiter des Wolfratshauser Kinderchors, sein Credo in Siebenbürgen und daheim in Deutschland: „Wir machen keine Auslese. Wir erhalten den Kindern die Freude am Singen und bringen ihnen gleichzeitig bei, die genauen Töne zu treffen.“ Maria singt und tanzt begeistert mit. Am Abend nach der Literguia mit Pater Georg Sporschill und der gesamten Projekttruppe wird sie mit ihren Freundinnen im neuen, im April diesen Jahres eröffneten Bildungshaus, der Stella Matutina, das Abendessen genießen. Es ist ein Bildungshaus für junge Romafrauen: Sie werden in den Bereichen Haushalt, Kochen, Garten, Lagerung von Gemüse und Obst gründlich geschult, sie bereiten hier unter fachkundiger Begleitung das Mittag- und Abendessen zu. Angela King: „Sie lernen zu wirtschaften und merken, dass auch wir keinen Überfluss haben oder gar haben wollen. Fachleute aus der Hotellerie,
die bei uns unterrichten, zeigen den Frauen und Mädchen, worauf es im Gastgewerbe ankommt.“ Die 27-jährige Cheja ist die beste Büglerin, Mutter von vier Kindern, die ältes-te Tochter, Vetuta ist dreizehn und ebenfalls Schülerin im Haus.
Elijah öffnet Romakindern neue Welten
Elijah – der Wegbereiter und Nothelfer, ein Prophet der gegen Ungerechtigkeit auftrat, in Hungersnot half: Auf rumänischen Ikonen ist der Rabe sein Markenzeichen. Elijah ist Namensgeber für die sozialen Werke von Ruth Zenkert, Angela King und P. Georg Sporschill. Seit vier Jahren haben immer mehr Romafamilien ein besseres Leben, sie haben selbst ihren Beitrag dazu geleistet und Anleitungen angenommen. Beim Ausflug in die Karpaten staunt Maria, als sie den ersten Sessellift ihres Lebens sieht: „Was machen die Stühle hier in der Luft?“
Foto (Christina Repolust): Alle, die lernen wollen, werden aufgenommen. Mehr als 200 Kinder kommen regelmäßig zum Musikunterricht bei Yoshi. Bei ihm wird Musik zur Quelle für überraschende Kräfte.