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Dorthin, wo Not am größten ist

VN, 26. Juli 2016
Johannes Huber

Seit Jahrzehnten ist Georg Sporschill SJ Sozialarbeiter. Auch zu seinem 70. Geburtstag wird er nicht müde.

Seinen 70. Geburtstag hat Jesuitenpater Georg Sporschill bereits groß gefeiert. Anders allerdings, als man sich das vorstellen mag: Viel Prominenz war nicht auf dem Fest in seiner neuen Heimat, dem rumänischen Hosman. Ansprachen, die sein Werk würdigten, fehlten ganz. Genauso wie Berge von Geschenken. All das hatte sich Sporschill verbeten. Und trotzdem bekam er, der am 26. Juli 1946 in Feldkirch geboren wurde, mehr, als er sich selbst erträumen konnte: Das ganze Dorf war auf den Beinen, zahlreiche Frauen, Männer und Kinder reisten auf Pferdefuhrwerken aus entfernteren Weilern an, Roma gaben Tanz- und Musikvorführungen auf höchstem Niveau – und allein schon das zeigte ihm, dass seine jüngste Sozialarbeit mit Zigeunern, wie sie sich selbst nennen, erste Früchte trägt: Was will man mehr?

Solche Entwicklungen bezeichnet Georg Sporschill gerne als „gutes Geschäft“: Wer sich auf Andere einlässt, der bekommt sehr oft ein Vielfaches davon zurück: Herzlichkeiten, Gesten, Freundschaften etc. Diese Erfahrung hat er selbst jedenfalls schon in den 1980er-Jahren gemacht, als er in Wien mit drogensüchtigen und haftentlassenen Jugendlichen zusammenarbeitete und drei Obdachlosenhäuser gründete. Oder in den 1990er-Jahren, als er sich in der rumänischen Hauptstadt Bukarest um Straßenkinder kümmerte. Oder in den 2000er-Jahren, als er in Modawien auch Alte betreute.

Dieser Weg war einst ganz und gar nicht vorgezeichnet: Nach der Matura studierte Georg Sporschill in Innsbruck und Paris Theologie, Pädagogik und Psychologie, ehe er als Referent für Erwachsenenbildung beim Land Vorarlberg tätig war. In den Jesuitenorden trat er erst mit 30 ein, Priester wurde er mit 32. Schon früh aber wurde deutlich, wo er geistig zu Hause ist: Zu seinen Lehrern zählte der große Theologe Karl Rahner, zu seinen Förderern Kardinal Franz König. Altkanzler Bruno Kreisky gehörte in dessen letzten Lebensjahren ebenso zu seinen persönlichen Gesprächspartnern wie der Mailänder Kardinal Carlo Martini. Dass es sich bei den vier genannten um aufgeklärte Menschen handelt, ist kein Zufall.

Ein Buch, das vor zwei Jahren in Italien erschienen ist, und über das die Zeitung „La Repubblica“ ganzseitig berichtet hat, vergleicht Sporschill sogar mit Papst Franziskus: „Es gibt nicht viele Persönlickeiten mit einem solchen Charisma“, so Autor Stefano Stimamiglio zu den VN: Ein wacher Geist, Neugierde und vor allem auch eine kompromisslose Zuwendung zu denen am Rand der Gesellschaft, egal welchen Glaubens, sind wesentliche Bestandteile davon.

Ein Mann der Tat

Georg Sporschill, der 1994 mit dem Toni-Russ-Preis ausgezeichnet wurde, ist im Übrigen ein Mann der Tat: Er theoretisiert nicht, sondern schaut, was ist und packt an. Auch mit bald 70 Jahren: Mehr denn je lebt er heute gemeinsam mit seinen engsten Mitarbeiterinnen Ruth Zenkert und Angela King das Motto „Wir gehen dorthin, wo die Not am größten ist“. Vor vier Jahren haben sie sich im rumänsichen Siebenbürgen niedergelassen, den Verein „Elijah“ gegründet und seither dutzende Projekte für Roma umgesetzt, von Brunnen über Musikschulen bis hin zu einer Tischlerei und zuletzt einer Haushaltungsschule. Ein Ende ist nicht in Sicht: Zurzeit wird in Hosman eine Kirche renoviert, in der auch ein Sozialzentrum mit einer Arztpraxis und einem Speisesaal unterkommen sollen. Fortsetzung folgt also.