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Weitergabe

Was soll über Generationen weitergegeben werden?

Von allen Arten der Vögel, von allen Arten des Viehs, von allen Arten der Kriechtiere auf dem Erdboden sollen je zwei zu dir kommen, damit sie am Leben bleiben.
Gen 6,20

 

Unsere Kinderwelt drehte sich um Lego. Mein Bruder und ich konnten Stunden mit diesen bunten Bausteinen spielen. Vor allem sammelten wir Ritter-Lego. Wir zerlegten Burgen und schufen aus den Elementen neue Festungen. Mit der Zeit integrierten wir Teile von Technik-Lego, so dass sich Zugbrücken motorisch öffnen ließen, Falltüren zu Hindernissen für Eindringlinge wurden und Drehwände zu Verstecken führten. Wir tauchten in die Lebenswelt der Ritter ein, stellten die kleinen Figuren mit ihren gelben Köpfen geordnet nach Wappenfarbe und Bewaffnung in Reih und Glied auf. Die Schlachten zogen sich über den ganzen Nachmittag hin. Dann wurde wieder alles zerlegt, in Kisten verstaut, um bei nächster Gelegenheit eine neue Burg zu errichten. Dabei war ich natürlich der Baumeister und mein jüngerer Bruder der Baugehilfe. Wir waren ein eingespieltes Team. Unsere Gespräche reduzierten sich auf das Wesentliche: „Zwei, hellgrau, schmal!“, „Acht, schwarz, flach!“ mit diesen Beschreibungen wusste Albrecht sogleich, welcher Baustein meine ausgestreckte Hand erwartete. Dieses friedliche Miteinander währte nicht ewig. Je mehr Bausteine ursprünglich auf seinem Geburtstagstisch lagen, desto mehr Mitspracherecht verlangte der Jüngere. Anfangs konnte ich ihn noch mit kleinen Tricks überlisten. Meine Vergehen wirft er mir noch dreißig Jahren später vor. Bald ließ er sich nicht mehr so leicht über das Ohr hauen, und wir wechselten in eine Phase des Kräftemessens. Bausteine flogen durch das Zimmer. Bauprozesse wurden unterbrochen und so stolperten wir ringend in die reife Phase ebenbürtiger Partner. In dieser Hochzeit der Kreativität entstanden wahre Paläste.
Im Übergang vom Kind zum Teenie endete unsere Spielephase und wir schlossen unseren ersten Vertrag. Sein Inhalt war eine genaue Auflistung aller Ritterfiguren, Schwerter, Schilde, Helme, Rüstungen, Pferde, bis hin zur Unterscheidung der bemalten Köpfe: schwarzer Schnurrbart, brauner Vollbart oder Narbe auf dem Gesicht. Alles hatte seinen Wert und seine Geschichte. Wohlsortiert legten wir die kleinen Bausteine in die Kiste, schlossen sie und konnten unseren Schatz den Fluten der Zeit überlassen.

In unserer Kinderbibel standen alle Arten von Tieren in Zweierreihe brav vor der Arche. Auch als sexuell Unaufgeklärte war uns klar, dass durch diese Auswahl der Tiere ihr Nachwuchs gesichert sein sollte. Gleichzeitig weist aber das Bild mit seinen paradiesischen Zügen über die biologische Fortpflanzung hinaus. Kein Tier scheint sich vor der List des anderen zu fürchten. Kein Lamm erzittert vor dem Wolf, kein Böcklein vor dem Panther, selbst Kuh und Bärin freunden sich an. Es gilt nicht das Überleben des Stärkeren, sondern die Rettung alles Lebendigen. Diese liegt im Vertrag, im Bund, den Gott mit Noach geschlossen hat und nun auf die ganze Tierwelt ausweiten wird. Und zwar nicht nur auf die Lebenden, sondern auch auf deren Nachkommen. Sie alle sollen in Gemeinschaft mit Gott leben, in der Freiheit und Herrlichkeit der Kinder Gottes (Römerbrief 8,21).

Unser erster (und bisher einziger) Vertrag hatte nicht uns selbst, sondern unsere Nachkommen im Blick. Sie sollten sich ohne Erbstreit an den bunten Steinen erfreuen können. Vielleicht wird Lego auch für ihre Kreativität und Beziehung wichtige Bausteine bieten.