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Mein persönlicher Altar

„Der Altar ist gleichsam der Ort des aufgerissenen Himmels; er schließt den
Raum nicht ab, sondern auf – in die ewige Liturgie hinein.“

Von da brach er auf zu dem Gebirge östlich von Bet-El und schlug sein Zelt so auf, dass er Bet-El im Westen und Ai im Osten hatte. Dort baute er dem HERRN einen Altar und rief den Namen des HERRN an.
Gen 12,8

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Ich möchte Sie nun gerne an einen Ort versetzen, der für Sie eine besondere Bedeutung hat. Wo Sie sich entspannen können. Sei es auf ihrem Balkon oder in einem Café, sei es auf einem Berggipfel oder am Ufer eines Sees. Sei es in der dritten Bankreihe einer Kirche oder vor einem Marienbild. Nehmen Sie sich Zeit bei der Suche.
Wenn Sie den Ort gefunden haben, tauchen Sie in ihn ein. Wie sieht es hier aus? Wie ist die Atmosphäre? Versinken Sie im Geklapper und Geschnatter der Cafègäste um Sie herum, oder lassen Sie den feinen Kaffeegeruch Ihre Nase hochkriechen? Ziehen Sie genüsslich an Ihrer Zigarette? Oder nippen Sie am vollmundigen Rotwein? Genießen Sie die nicht enden wollende Gipfellandschaft oder berühren Sie das feuchte Moos und strecken ihre Zehenspitzen in den vorbeiplätschernden Bach? Lauschen Sie dem Zwitschern der Vögel oder spüren Sie einfach nur das Kitzeln der ersten Sonnenstrahlen auf Ihrer Nase?
Welche Eindrücke tauchen vor Ihr inneres Auge auf? Welche Gefühle durchziehen Sie? Schenken Sie sich Zeit für die Wahrnehmung. Versuchen Sie nicht zu werten, sondern lassen Sie Ihre Eindrücke und Gefühle einfach kommen und gehen. Vielleicht merken Sie, wie Sie sich langsam entspannen.
Was macht diesen Ort zu Ihrem Ort? Was öffnet sich in Ihnen? Vielleicht können Sie an Ihrem Ort träumen. Womöglich recken sich schlummernde Sehnsüchte und verdrängen die Schwere des Alltagstrotts. Manche Sorge mag ihre Bindekraft verlieren, die eigene Lebenswelt scheint sich zu weiten.
Vielleicht lässt Sie der Ort Gottes Gegenwart besonders bewusstwerden? In ihm leben wir, bewegen wir uns und sind wir. In allem möchte er Begegnung feiern. Wende ich mich ihm zu? Wie nenne ich ihn?

Meine persönliche Reise führt mich auf eine große Wiese im niederösterreichischen Voralpenland. Nach Südwesten wellen sich sanfte Hügel bis zum Horizont, wo sich bei klarer Sicht die kantigen Gipfelzüge zeigen. Nach Nordwesten senkt sich das Land zur Donau hin, die sich hier so wunderbar durch das Land mäandert. Im Rücken liegt mein Elternhaus. Es gäbe in dieser weiten Landschaft unzählige, wunderbare Aussichtspunkte. Aber es ist immer derselbe Punkt, zu dem es mich zieht. Selbst meine kleinen Neffen wissen, dass dieser Ort für mich ein heiliger Boden ist, und unterbrechen mich nicht. Er schenkt mir Ruhe. Hier kann ich wahrnehmen, entspannen, mich weiten, Gott loben.

Der Ort, an dem Sie sich eben zurückgezogen haben und Sie aufatmen lässt, gleicht einem Altar, dessen Geheimnis Papst Benedikt in seinem Buch „Der Geist der Liturgie“ als den Ort des aufgerissenen Himmels beschreibt, der mich aufnimmt in die ewige Liturgie hinein, in den Lobgesang Gottes. Solche heiligen Orte markieren Abrams Glaubensweg.