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Glückliche Umstände

Familie, Beruf, Friedenszeit. Doch dein Glück musst du dir selbst erwerben.

Gott sah alles an, was er gemacht hatte: Und siehe, es war sehr gut. Es wurde Abend und es wurde Morgen: der sechste Tag.

Gen 1,31

Rauschender Applaus belohnte die jungen Musiker. Seit vier Monaten hatten sie sich zusammengetan und unter der Leitung von Ali Zigeunermusik einstudiert. Heute hatten wir ein erstes Konzert vor großem Publikum gegeben. Die tägliche Arbeit, der Kampf um die Disziplin beim Proben, um die Genauigkeit bei Rhythmus und Zusammenspiel hatte sich gelohnt. „Ali Baba und die 40 …“ nennt sich unsere Musikgruppe. Ali steht für den Leiter Ali. Baba heißt auf rumänisch Oma, das bezeichnet mich. Die Vierzig, das sind die Jungen. Lassen wir offen, ob sie Musiker sind. Sie sind jedenfalls auf dem besten Weg, nicht Räuber werden zu müssen.

Als wir nach mehrmaligen Zugaben und Verneigungen unsere Instrumente einpackten, war euphorische Stimmung. Stolz, Glück und mutige Träume von einer Tournee und CD-Aufnahmen knisterten in der Luft, strahlende Gesichter. Und bei den Burschen die dringende Frage, ob sie jetzt etwas zu essen bekommen. Auch ich war in dem Moment selig. Dass Ali in so kurzer Zeit Schüler gefunden hatte, dass er so gewachsen war in der Leitung, mit viel Geduld und Einfühlsamkeit. Dass die Schülerinnen so begeistert und schnell gelernt hatten. Dass noch Neue dazugekommen waren. Mein größter Wunsch war, dass sich unsere Musikgruppe mit dieser Energie weiterentwickelt.

Meine Mitspieler waren schon davongestürmt. Ich brauchte länger, denn als einzige reinigte ich mein geliebtes Saxophon. Und als einzige musste ich den furchtbaren Notenständer wieder zusammenbasteln. Nicht nur wegen der komplizierten Mechanik hasse ich ihn. Auch weil ich die einzige bin, die mit Noten spielt. Die Jungen hören die Melodie – und spielen sie auswendig. Unmöglich für mich. Sie spielen locker und in unfassbarer Geschwindigkeit. Ob ich jemals diese schnalzenden Töne in der Zigeunermusik, für die es kein deutsches Wort gibt, beherrschen werde? Ob ich einmal das Sandala-Stück ganz mitspielen kann? Bei den schnellen Phasen musste ich aussetzen. Auf den Wogen des Erfolgs von Ali Baba schwebte ich nach Hause, – ich, die Baba, mit dem Ehrgeiz, weiter zu üben, bis ich das Sandala schaffe. Und dankbar, dass sie mich mitspielen lassen.

Wie ich in der Erfolgsstimmung auf die Monate vor dem Konzert zurückblicke, so ähnlich, denke ich mir, schaut Gott nach fünf Schöpfungstagen auf seine Arbeit. Es heißt: „Gott sah alles an, was er gemacht hatte: Und siehe, es war sehr gut.“ Jetzt, am sechsten Tag, stellt er fest, dass die Schöpfung als Gesamtwerk sehr gut ist. An den vorangegangenen Tagen heißt es: Und Gott sah, dass es gut war. Gestirne, Tiere und Pflanzen sind gut, so wie sie sind. Nur an dem Tag, als er den Menschen erschafft, bleibt die Qualität offen. Der Mensch ist nicht gut, er kann gut werden. Durch sein Denken und Tun wird es sich erweisen.

Das gelungene Konzert, unsere Musikband, sind mein Glück, obwohl ich selber noch nicht mitkomme. Betrachte deine glücklichen Umstände – Familie, Beruf, Freunde. Wo musst du dich anstrengen, damit es auch zu Deinem Glück wird?