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Die Musik in unserem Blut

Was klingt in deinem Leben? Wie viel Musik ist in der Erziehung zu hören? Welchen Platz hat die Musik in Arbeit und Geschäft?

Der Name seines Bruders war Jubal; er wurde der Stammvater aller Leier- und Flötenspieler.
Gen 4,21

 

In dem dunklen Gang sah ich fast nichts, doch ein Klopfen war zu hören. Der Rhythmus saß mir noch im Ohr, denn ich hatte ihn am Vortag mit den Kindern einstudiert. Dann entdeckte ich den kleinen Buben, der in der Ecke saß; wieder einmal war er aus der Schulstunde hinausgeschickt worden. Die Lehrerin war verzweifelt, weil er nichts lernen wollte und nur den Unterricht störte. Oft kam er gar nicht zur Schule. Als ich bei ihm stand, trommelte er begeistert mit den Händen an die Wand, um mir zu zeigen, wie gut er den Takt schlagen konnte. Was würde wohl aus Dumitru werden, fragte ich mich. Seine Eltern waren Analphabeten, keiner hatte Interesse, dass der Bub Lesen und Rechnen lernte.
Als wir unsere Musikschule aufbauten und die Kinder ein Instrument lernen konnten, war Dumitru einer der Ersten, die sich beim Klarinettenlehrer meldeten. Und er bettelte darum, dass er unser Instrument mit nach Hause nehmen dürfe, um üben zu können. Dumitru wurde bald in die Musikgruppe aufgenommen. Ich traute meinen Ohren nicht, als mich nach Jahren die Schuldirektorin anrief, um zu sagen, dass fast alle Kinder das Schuljahr abgeschlossen hätten – und Dumitru die Aufnahmeprüfung für das Musik-Gymnasium bestanden habe. Heute spielt er in unserer besten „Schatra“ mit. Wenn im Dorf eine Hochzeit gefeiert wird und die Festgemeinde von der Kirche in den Gemeindesaal zieht, begleiten die jungen Musiker das Brautpaar mit fröhlichen Klängen und bringen alle zum Tanzen. Dumitru ist mit der Klarinette dabei. Seine Eltern sind stolz auf ihn, er verdient schon ein wenig Geld. Von der Musik wird er einmal leben können.

Dumitru hat mir gezeigt, wie hoch die Tradition der Musik bei den Roma hoch zu schätzen ist. Darum hat unsere Musikschule in den Dörfern großen Zulauf. Die Kinder lernen leicht und schnell. So schnell, dass ich mit dem Saxophon manchmal schwer mitkomme und Dumitru mir, wenn ich mitspielen darf, ermutigend zuzwinkern muss. Das sind die „Lăutari“, die Menschen, die Musik im Blut haben! Ganze Familien lebten früher von der Musik und tragen noch heute den entsprechenden Namen, Lăutari. Außer den Musikern gibt es in unserem Dorf viele, deren Nachnamen auf die Berufsgruppe hinweist. Corturari: die in den Zeltwagen, Caldarari: die Metallarbeiter, Zlatari: die Goldschmiede.
Es sind die Berufsgruppen, wie sie in der Bibel beschrieben sind. „Der Name seines Bruders war Jubal; er wurde der Stammvater aller Leier- und Flötenspieler“, heißt es in unserem heutigen Vers. Jubal wird als der Bruder des Jabal, des Zeltbewohners mit der Herde, vorgestellt. Erwähnt werden neben Hirten und Handwerkern auch die Leier- und Flötenspieler. Der Name Jubal heißt übersetzt: Er hat „gebracht“. Er bringt der Welt Freude durch die Musik. Ich bin glücklich, dass in unserer Musikschule in Hosman so viele Abkömmlinge vom Stammvater Jubal sind.

Was klingt in deinem Leben? Wie viel Musik ist in der Erziehung zu hören? Welchen Platz hat die Musik in Arbeit und Geschäft?